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Ist die vorzeitige Kündigung einer Unfallversicherung durch den Versicherungsnehmer wirksam?


AG Düsseldorf, Urteil v. 20.01.2010, Az. 45 C 10776/09


Versicherungsnehmer kündigt Unfallversicherung: Ist die Kündigung nach drei Jahren wirksam, obwohl im Unfallversicherungsvertrag eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren vereinbart war? 

 

In der Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf geht es um Frage, in welcher Form das Sonderkündigungsrecht des § 11 Abs.4 VVG neuer Fassung (n.F.) auf einen sog. Altvertrag anwendbar ist. Altverträge sind solche Versicherungsverträge, die bis zum 01.01.2008 abgeschlossen worden sind. 

 

Im Unfallversicherungsvertrag des Klägers aus dem Jahre 2006 war eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren (Versicherungsbeginn 01.07.2006, Versicherungsablauf 01.07.2011) vereinbart worden. 

 

Der Kläger wollte sich vorzeitig aus seinem Vertrag lösen und kündigte unter Einhaltung der Dreimonatsfrist seinen Unfallversicherungsvertrag bereits zum 01.07.2009. 

 

Damit war die Versicherung nicht einverstanden. Eine Kündigung sei nach § 11 Abs.4 VVG n.F. i.V.m. Art 3 Abs.4, Abs 3 EGVVG erst zum Ablauf des Kalenderjahres 2010 möglich. 

 

Der Kläger erhob daraufhin eine Feststellungsklage. Er beantragte die Feststellung, dass der Versicherungsvertrag zwischen den Parteien zum 01.07.2009 beendet ist.

 

In welcher Form ist dieses Sonderkündigungsrecht auf sogenannte Altverträge anzuwenden? Wird die dreijährige Frist ab Versicherungsbeginn oder ab dem 01.01.2008, wie die beklagte Versicherung meint, berechnet? 

 

Das Amtsgericht entschied sich für die Berechnung ab Vertragsbeginn. Nach Art 1 Abs.1 EGVVG sei das Gesetz in der Altfassung bis zum 31.12.2008 anzuwenden, so dass im Umkehrschluss ab dem 01.01.2009 neues Recht auf Altverträge anzuwenden sei. Art 3 Abs.3 EGVVG sei nicht über Art. 3 Abs.4 EGVVG anwendbar. Die Vertragsdauer sei keine Frist im Sinne des Art. 3Abs.4 EGVVG. Der Gesetzgeber habe einen verbesserten Verbraucherschutz bezweckt und habe vermeiden wollen, dass längere Zeit zwei Rechtsordnungen nebeneinander anwendbar seien. Das

Kalkulationsinteresse der Versicherungsunternehemn müsse demgegenüber zurücktreten.

 

Das Amtsgericht ließ die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu.

 

Rechtssicherheit für Versicherungsnehmer und Versicher besteht in dieser spannenden Rechtsfrage daher noch nicht! 

Hintergrund


Nach § 11 Abs.4 VVG n.F. kann ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, vom Versicherungsnehmer bereits zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. 

 

§ 11 Abs. 4 VVG ist nicht auf die Krankenversicherung, die Lebensversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung anwendbar. (vgl §§ 168, 176, 205 VVG n.F.)

 

Diesen Kommentar verfasste Rechtsanwalt Jan-Martin Weßels, Hamburg

(Quelle der Entscheidung: Justizministerium NRW, erhältlich unter http://www.justiz.nrw.de)