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Krankentagegeld – war der Versicherte nur Kaffee trinken?


LG Dortmund, Urteil v. 20.11.2009, Az. 2 O 71/07


Krankentagegeldversicherung muss Detektivkosten jedenfalls nun selbst zahlen: 

 

Der Krankentagegeldversicherer des Klägers traute diesem nicht über den Weg und schickte zwei Mitarbeiter einer Detektei in den Reparaturbetrieb des Klägers. Sie sollten dessen behauptete Arbeitsunfähigkeit überprüfen und gaben sich als Kunden aus, die einen PKW reparieren lassen wollten. Der Kläger - im Betrieb anwesend - nahm diesen Reparaturauftrag an. 

 

Daraufhin kündigte die Versicherung und spätere Beklagte das Versicherungsverhältnis außerordentlich fristlos. Der Kläger behauptete dagegen, während seiner Arbeitsunfähigkeit das Betriebsgelände nur aufgesucht zu haben, um mit seiner Ehefrau Kaffee zu trinken sowie verschiedentlich letztlich gescheiterte Arbeitsversuche unternommen zu haben.

 

Er verklagte daraufhin dir Versicherung u.a. auf Feststellung des Fortbestehens der Versicherung. Diese verklagte den Kläger daraufhin auf Zahlung der Detektivkosten.  

 

Die außerordentliche Kündigung des Versicherungsverhältnisses wurde vom Landgericht Dortmund als unbegründet zurückgewiesen. Es fehle an dem für eine außerordentliche Kündigung erforderlichen wichtigen Grund:

 

Zitat:

(…)

„Hieran gemessen kann ein wichtiger Grund nicht festgestellt werden. Auch wenn man zu Gunsten der Beklagten annimmt, dass der Kläger seine berufliche Tätigkeit an drei Tagen, wie von den Detektiven in ihrem Abschlussbericht festgestellt, ausgeübt hat, so reicht dies alleine zur Begründung eines wichtigen Grundes im Sinne des § 314 Abs. 1 S.2 BGB nicht. Es ist mildernd zu berücksichtigen, dass der Kläger nur an wenigen Tagen arbeitete, ohne dass für diese Tage eine vollschichtige Arbeitsleistung festgestellt werden kann. Es ist dabei zu seinen Gunsten einzustellen, dass er vorliegend Krankentagegeld für diese Tage noch nicht erhalten hatte.“

(…)

 

Das Vertragsverhältnis sei zudem seit Jahrzehnten störungsfrei verlaufen. 

 

Das Landgericht stützt seine Auffassung unter Verweis auf die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW-RR 2007, 1624; 2009, 1189) ferner darauf, dass der Einsatz der Detektive hier unredlich gewesen sei, da die Beklagte vor der Beauftragung der Detektive keine stichhaltigen Anhaltspunkte für ein vertragswidriges Verhalten des Klägers gehabt habe. Die Beauftragung von Detektiven sei hier unzulässigerweise auf die Verschaffung eines Kündigungsgrundes gerichtet gewesen. Aus diesem Grund bestehe auch kein Anspruch der Beklagten auf Ersatz der Detektivkosten. 

Hintergrund


Eine außerordentliche fristlose Kündigung ist nur dann berechtigt, wenn nach einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls und einer Interessenabwägung beider Seiten eine Fortsetzung des Vertrages unzumutbar ist.

 

Diesen Kommentar verfasste Rechtsanwalt Jan-Martin Weßels, Hamburg.

(Quelle: Justizministerium NRW, erhältlich unter http://www.justiz.nrw.de; NJW-RR 2007, 1624; 2009, 1189).