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Erhöhte Blutzuckerwerte: Rücktritt der Versicherung vom privaten Krankheitsversicherungvertrag unwirksam


LG Köln, Urteil vom 07.10.2009, Az. 23 O 154/09


Die Versicherung hatte wegen einer im Antrag des Klägers für die Versicherung verschwiegenen angeblichen Vorerkrankung "diabetische Stoffwechselstörung" den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Die beim Kläger gemessenen erhöhten Blutzucker- und Cholersterinwerte seien gefahrerhebliche Umstände, die vom Kläger hätten angezeigt werden müssen, so die Versicherung. 

 

Unstreitig war jedoch eine Behandlung wegen der erhöhten Werte nicht erfolgt. Beschwerden und Beeinträchtigungen beim Kläger waren ebenfalls ausgeblieben.

 

Das Landgericht stellte die Unwirksamkeit des Rücktritts fest. 

 

Schon zweifelhaft sei aufgrund der Umstände (keine Behandlung, keine Beschwerden), ob es sich bei den erhöhten Werten überhaupt um gefahrerhebliche Umstände gehandelt habe, die vom Kläger hätten angezeigt werden müssen. 

Jedenfalls fehle es an einem Verschulden des Klägers.

 

Das Gericht führt aus (Zitat):

"Jedenfalls fehlt es angesichts der vorgenannten Umstände an dem gemäß § 19 III VVG n.F. für den Rücktritt erforderlichen schweren Verschulden des Klägers. Allenfalls kann ihm leichte Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Diese rechtfertigt nach neuem Recht indes lediglich den Ausspruch der Kündigung, nicht einen Rücktritt vom Versicherungsvertrag. Diese wurde seitens der Beklagten vorliegend nicht, auch nicht hilfsweise erklärt. Die insoweit geltende Monatsfrist gemäß § 19 III 2 VVG n.F. ist auch verstrichen, so dass eine fristgerechte Kündigung nicht mehr erfolgen kann."

 


Hintergrund


Zum rechtlichen Hintergrund: Eine Versicherung kann bei einer Anzeigepflichtverletzung des Versicherungsnehmers unter bestimmten Voraussetzungen vom Vertrag zurücktreten.

 

Folge: Der Vertrag endet. Dies ist natürlich zum einen für etwaig zukünftig eintretende Versicherungsfälle bedeutsam, da diese dann nicht mehr vom Versicherungsschutz gedeckt sind. Der Versicherer kann überdies aber auch für einen vor dem Rücktritt eingetretenen Versicherungsfall leistungsfrei sein (§ 21 Abs.2 VVG n.F.).

Vom Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrages angezeigt werden müssen gem. § 19 Abs.1 VVG n.F. diejenigen Umstände, "die für den Entschluss des Versichereres, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind" (bzw. nach der alten Rechtslage "ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind",§ 16 Abs.1 VVG a.F.). 

 

Eine Krankenversicherung beispielsweise muss danach vor Vertragsschluss wissen, ob der Antragsteller bereits an schweren Krankheiten leidet.

 

Aus der Verletzung dieser Pflicht kann ein Rücktrittsrecht der Versicherung erwachsen. Nach § 19 Abs.3 VVG n.F. ist allerdings ein Rücktritt vom Vertrag ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Bei grob fahrlässigem Handeln des Versicherungsnehmers ist ein Rücktrittsrecht des Versicherers dennoch ausgeschlossen, "wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte (§ 19 Abs.4 S.1 VVG n.F).

 

Diesen Kommentar verfasste Rechtsanwalt Jan-Martin Weßels, Hamburg. (Quelle der Entscheidung: Justizministerium NRW, erhältlich unter http://www.justiz.nrw.de).