· 

Berufsunfähigkeitsversicherung: Der kreative Metallbauer - bisherige Lebensstellung und konkrete Verweisung.


OLG Oldenburg, Beschluss v. 05.02.2010, Az. 5 U 4/10


Der Kläger hatte mit seiner Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) geklagt. Das OLG Oldenburg lehnte in dieser Entscheidung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz ab.

Der Kläger, ein Metallbauer, behauptete in diesem Verfahren wegen einer Nickelallergie berufsunfähig geworden zu sein. Er hatte die BUZ Ende 2004 kurz vor Abschluss seiner Ausbildung zum Metallbauer beantragt. Im Zeitraum Juli 2005 bis April 2006 hatte er bei einer Firma in der Berufssparte Metall gearbeitet. Von April 2006 bis August 2006 war der Kläger arbeitslos gewesen. 

 

Unmittelbar vor Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeit im Herbst 2006 hatte er über einen Zeitraum von 2 Monaten für eine Leiharbeitsfirma für einen Stundenlohn von rund 9 € Filtermatten in Raffinerien ein- und ausgebaut, wobei nach seinen Angaben für ihn zwischendurch auch andere Tätigkeiten vorgesehen gewesen seien. 

 

Seit der geltend gemachten Berufsunfähigkeit ist der Kläger nicht mehr arbeitslos gewesen. Seit Frühjahr 2008 ist er zu einem Bruttolohn bei einer anderen Firma beschäftigt, der in der Höhe zu dem in seiner Tätigkeit unmittelbar vor Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeit erzielten Lohn vergleichbar ist.

 

Der Kläger berief sich im Verfahren auf einen wirtschaftlichen und sozialen Abstieg, der mit dem neuen Tätigkeitsbereich verbunden sei. Er räumte beim Vergleich der Tätigkeiten dem Aspekt der Kreativität einen besonderen Stellenwert ein.

 

Das Gericht schloss eine Berufsunfähigkeit des Klägers mit der Begründung aus, dass der Kläger eine andere Tätigkeit ausübe, die seiner bisherigen Lebensstellung hinsichtlich Einkommen und Ansehen entspräche. Mit der neuen Tätigkeit des Klägers sei kein spürbarer wirtschaftlicher Abstieg gegenüber dem Zustand vor Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeit verbunden gewesen.

 

Zur Frage der konkreten Verweisung führt es aus

Hinsichtlich des wirtschaftlichen Aspekts, könne nicht allein daran angeknüpft werden, welche Tätigkeit der Versicherte unmittelbar vor dem behaupteten Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübt habe, so die Richter des 5. Zivilsenats des OLG. Das kurz zuvor begründete Arbeitsverhältnis habe nicht allein die Lebensstellung des Klägers geprägt.

 

Im Anschluss an eine Entscheidung des OLG Saarbrücken (NJW-RR 2003, 468, 469) sei wertend zu betrachten, was der Versicherte in einem längeren Zeitraum vor dem angeblichen Eintritt der Berufsunfähigkeit zu erwirtschaften vermocht habe.

 

Einen wirtschaftlichen Abstieg konnte das OLG Oldenburg danach im Vergleich des jetzigen Bruttogehalts auch unter Berücksichtigung der Zeiten der Arbeitslosigkeit mit den durchschnittlichen Bruttogehältern seit Januar 2005 nicht erkennen.

 

Einen sozialen Abstieg des Klägers verneinte das OLG ebenfalls. Es führt dazu aus, dass nicht erkennbar sei, dass der Kläger vor der behaupteten Berufsunfähigkeit bei seiner früheren Tätigkeit die Möglichkeit gehabt habe, eine besondere Kreativität zu entfalten.

 

Hintergrund


In dieser Entscheidung ging es in erster Linie um die Frage, ob der Versicherer den Kläger auf eine andere Tätigkeit konkret verweisen konnte. Gilt für einen Vertrag das VVG neuer Fassung, bestimmt § 172 Abs.3 VVG n.F. inzwischen auch explizit:

(3) Als weitere Voraussetzung einer Leistungspflicht des Versicherers kann vereinbart werden, dass die versicherte Person auch keine andere Tätigkeit ausübt oder ausüben kann, die zu übernehmen sie aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten in der Lage ist und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

 

Prüfen Sie Ihren Vertrag, ob dieser diese oder eine ähnliche Formulierung enthält. Denn nur wenn Sie Ihren Vertrag kennen, können Sie beurteilen, ob eine Leistung wegen Berufsunfähigkeit überhaupt in Betracht kommt.

Das Gericht spricht in den Gründen einen weiteren Punkt an, ohne hier aus seiner Sicht abschließend entscheiden zu müssen. Eine Berufsunfähigkeit muss während der Versicherungsdauer eingetreten sein. Sie darf nicht bereits zuvor bestehen. 

 

Beim Kläger war jedoch bereits vor Abschluss der BUZ die Nickelallergie diagnostiziert worden. Wenn der Kläger nur zwei Jahre nach Abschluss der Versicherung nach einer etwa einjährigen Erwerbstätigkeit vorbringe, er könne aufgrund der Nickelallergie nicht mehr als Metallbauer arbeiten, so begründe dies zumindest Zweifel daran, dass er die Fähigkeit zur Berufsausübung erst während er Vertragsdauer verloren habe, so die Richter.

 

Diesen Kommentar verfasste Rechtsanwalt Jan-Martin Weßels, Hamburg

(Quelle der Entscheidung: e-fundus, Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Braunschweig, Celle und Oldenburg, erhältlich unter http://www.oberlandesgericht-oldenburg.niedersachsen.de)